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Stifter der Tafel Günter Andrä, Bernd Frankenberger und Manfred Meißner
Einweihung Juli 2012
Die Tafel wurde auf Initiative des Heimatgeschichtlichen Vereins Ilmenau angebracht.
Tafel wurde von den Stiftern entworfen
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Die erste Leichenhalle in Deutschland lies 1792 in Weimar der herzogliche Hofmedikus Christoph Wilhelm Hufeland erbauen.
Bis dahin wurden Tote bis zur Beisetzung im Sterbehaus aufgebahrt. Das gewachsene hygienische Bewusstsein Ende des 18.
Jahrhunderts führte zu einem Umdenken. Es ging darum, die Ansteckungsgefahr bei Epidemien zu verringern. Nicht zu vergessen ist die zu dieser Zeit übergroße Angst vor dem Scheintod. Eine
sichere Feststellung des Todes war damals noch nicht möglich. 1830 wurde im Ilmenauer Stadtrat auf Wunsch von Bürgern erstmalig über
den Bau einer Leichenhalle gesprochen. Als Begründung führten sie die Verringerung der Infektionsgefahr an. Auch war die Kirche auf dem
Friedhof zu der Zeit einsturzgefährdet. Man sah es als wünschenswert an, dass die Toten ständig unter Bewachung des Totengräbers standen, deshalb war seine Wohnung in der Leichenhalle geplant. Er konnte von dort auch den Friedhof rund um die Uhr überwachen.
So war das Konzept, aber damals wie heute waren die finanziellen Mittel der Stadt begrenzt und so wollte man die Sache fallen lassen. Erst als 1832 bei einer Bürgerumfrage 400 von
2.600 Einwohnern in Ilmenau für den Bau stimmten, wurde dieser ernsthaft erwogen. Doch zur Ausführung kam es erst, als 1833 der ehemalige Leibschneider
des Großherzogs Theodor Friedrich Gottlieb Heusinger eine Schenkung von 200 Talern, die ursprünglich zur Anschaffung einer Glocke für die Stadtkirche gedacht war, nun zum Bau des Leichenhauses
spenden wollte. Die Mittel sollten nach seinem Willen nur für 10 Jahre bereitstehen und somit musste mit den Vorbereitungen für den Bau begonnen werden. |
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Mit dem Entwurf beauftragt wurde der spätere Ilmenauer Bürgermeister Johann Christian Hertzer, der Architekt und Bauassessor in Ilmenau war. Er plante einen klassizistischen Bau,
ähnlich dem von ihm wenig später erbauten Wellenbades in Ilmenau. Die Architektur der Außenfassade sollte den rein funktionalen Zweck
des Gebäudes etwas verschleiern. Das Haus entsprach den damals modernsten Gesichtspunkten. Der Entwurf wurde nach Weimar geschickt und der Großherzogliche Oberbaudirektor Clemens
Wenzeslaus Coudray kam nach Ilmenau, um die Sache zu prüfen. Er konnte Erfahrungen einbringen, die er in Weimar, Jena und Eisenach gesammelt hatte.
Die Abmessungen waren 16,5m Länge und 10,2m Tiefe bei einer Geschosshöhe von 3,2m. Auf diesem kleinen Raum waren die Wohnung des
Totengräbers, die Wächterstube und der Aufbahrungsraum untergebracht. Letzterer sollte auch als Sektionsraum dienen. Vor dem
Bau wurden auf Anraten Coydrays noch mehrere Veränderungen vorgenommen, so wurde z.B. die geplante zweite Küche verworfen, dafür ein Raum für
Wiederbelebte eingerichtet. 1837 wurde der Bau übergeben, doch in den ersten Jahren kaum genutzt. Bis 1842 waren hier nur drei Tote aufgebahrt. Die Gründe dafür waren mannigfaltig. Die Ausstattung war
nicht gerade feierlich und die dauernde Anwesenheit des Totengräbers, der außerdem als grober Klotz bekannt war, verängstigte die Trauernden. Dazu
kam natürlich noch die Scheu vor den entstehenden Kosten. |
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Aufnahme aus der Zeit um 1930 |
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In den folgenden Jahren versuchte man, eine angemessenere Gestaltung für den Leichensaal zu finden. 1893 wurde der hochangesehene Badearzt und
Direktor der Ilmenauer Kaltwasserheilanstalt Dr. Emil Preller hier aufgebahrt. Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung in Ilmenau in
dieser Zeit kamen immer mehr Fremde in die Stadt. Unter diesen gab es einige, die eine kirchliche Trauerfeier ablehnten und so einen
angemessenen Raum für den Abschied von ihren Angehörigen benötigten. Dies und die wachsende Bevölkerung in Ilmenau waren die
Gründe warum in diesen Jahren aus der Leichenhalle die Feierhalle wurde. Natürlich reichte der Raum bald nicht mehr
aus und die Wohnung des Totengräbers wurde 1903 verlegt. Außerdem wurde im Abschiedsraum ein dreiteiliges Bleiglasfenster, welches heute
wieder mit Spenden rekonstruiert wurde, eingebaut. Da die Feierhalle immer mehr genutzt wurde, erweiterte man sie 1909 an der Westseite. Wie auch in anderen
Teilen Deutschlands gründete sich in Ilmenau 1908 ein "Feuerbestattungs-Verein für Ilmenau und Umgebung e.V.".
Auf seine Initiative hin wurde an der Nordseite der Feierhalle 1922 ein Krematorium errichtet. Im Andachtsraum wurde ein hydraulischer Versenkungsapparat in Betrieb genommen.
1927 wurde nochmals umgebaut. Die Kuppel mit Oberlichtanlage entstand und der Bau wurde nach Osten erweitert, so das die heutige äußere Ansicht entstand. |
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Zustand der Feierhalle vor der Sanierung |
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Die Ilmenauer Bevölkerung nahm in den folgenden Jahren die Feierhalle und auch die Möglichkeit der Feuerbestattung an. Viele Trauernde
kamen hierhin, um von Ihren Angehörigen oder Freunden Abschied zu nehmen, bis im Jahre 1982 eine neue, größere Trauerhalle auf dem Friedhof
in Ilmenau errichtet wurde. Seit 1991 ist das Krematorium nicht mehr im Betrieb und wurde 1995 abgerissen. Die Feierhalle diente danach nur noch als Lager,
mehr oder weiniger dem Verfall preisgegeben. Um das einzige klassizistische Gebäude Ilmenaus zu
erhalten rief der Heimatgeschichtliche Verein im November 2006 zur Rettung der alten Feierhalle auf. Eine Spendenaktion wurde gestartet, beteiligt
waren das Bauamt Ilmenau , der Stadtrat , der "Heimatgeschichtliche Verein e.V.", die "Freie Wählergemeinschaft Ilmenau e.V." und der
"Verein Attraktives Ilmenau für Bürger und Touristen e.V.". Diese Aktion sollte die beschränkten Mittel der Stadt für den Erhalt des
Gebäudes aufbessern. |
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Zuerst war an eine Sanierung gar nicht zu denken, es ging um den bloßen Erhalt des Bestehenden. Vorbedingung für alles
weitere war, das Dach abzudichten. Als das geschafft war, kam es zu Diskussionen über den künftigen Verwendungszweck des Gebäudes, denn ohne
Nutzung keine Sanierung. Im Gespräch waren ein Aufbewahrungsort für nicht winterharte Pflanzen und historische Grabmale. Die heutige Nutzung als Kolumbarium ist für das
Gebäude und auch für die Ilmenauer Bevölkerung ein Glücksfall, da hier ein würdevoller Ort zur Beisetzung und zur Trauer geschaffen wurde.
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Kolumbarium 2012 |
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 Innenraum |
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verwendete und empfohlene Literatur
Freies Wort Artikelserie von Reinhard Döring 04.01. und 10.01.2007
Thüringer Allgemeine Artikelserie von Bernd Frankenberger 28.07. bis 13.10.2007 wöchentlich
Tag des offenen Denkmals im Ilmkreis 08.09.2002
Reinhard Döring Die Ilmenauer Promenaden 1999 |
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